„Eine teuflische gute Sendung“ – Magazin Royale

Autorin: Nora Sillan; Beitrags-Bildquelle: Twitter

Jan Böhmermann bringt in der aktuellen Ausgabe vom ZDF Magazin Royale in gewohnt satirischer Manier auf den Punkt, was an ritueller Gewalt durch satanistische Geheimzirkel dran ist: Also „dunkle Räume, dunkle Kutten, Fackeln, dunkle Kerzen und so weiter“, wie er Michaela Huber als „Top-Expertin in Deutschland für satanistische Kulte“ zitiert. Es dauert keine halbe Stunde und Böhmermann debunked diverse Aussagen zu Satanismus aus Hubers Büchern sowie das Info-Video der Kinderschutz-Zentren über angebliche Mind Control, von dem sich nun auch das Bundesfamilienministerium distanziert. Mit teuflischem Augenzwinkern zeichnet Böhmermann den Weg der Satanic Panic nach („wie das „Höllenfeuer seinen Lauf nahm“) und macht einen „kleinen Deep Dive in die mystische Welt von Michaela Huber“.

Nimmt sein Tonfall manches humoristisch auf die Schaufel, geht Böhmermann dennoch sehr ernst an das Thema heran: Im Zuge der Recherchen nahmen Mitglieder der Magazin Royale-Redaktion unter der Verwendung ihres Klarnamens an einem Trauma-Fortbildungslehrgang von Huber teil. Diese absolute journalistische Transparenz hinderte die Michaela Huber-Akademie rückblickend allerdings nicht daran, es als „Vertrauensbruch“ zu werten: Es „erinnert in diesem Kontext erschütternd an Täterkreise“ zitiert Jan Böhmermann aus dem Schreiben, und berichtet auch von einer anonyme Strafanzeige, die gegen die Journalisten folgte.

Das Verhalten, auf kritische Recherchen sofort mit dem verbalen Tätervorwurf zu reagieren, erinnert frappant an jene Holzhammer-Methode, die jegliche Kritik als täterunterstützend brandmarkt. Darüber haben wir an dieser Stelle berichtet: Traumaopfer in Gefahr

Satanisten … was die alles können“

Böhmermann berichtet weiters über „verklausulierte, komplizierte Codes mit Sonnwendfeier“ in Hubers Fortbildungsprogramm (siehe auch: “Codierte Geheimsprache”). „Ihm sei ein „Zacken aus dem Pentagramm gefallen“ meint der Satiriker, als er aus dem Buch „Multiple Persönlichkeiten“ eine Passage über die angebliche Struktur satanistische Kulte zitiert. – Besser kann man es wohl nicht ausdrücken …

Auch Michaela Hubers Worte, die übrigens auf ihrem Instagram-Kanal dafür wirbt, sich „kein X für ein U vormachen zu lassen“ über das Wechseln der Augenfarbe bei einer DIS (siehe auch unser Artikel: “Wissenschaft auf Irrwegen”) hinterfragt der Moderator kritisch-pointiert:

Alles zur gleichen Zeit im gleichen Körper …? Satanistenopfer können also ihre Allergien wechseln oder ihre Mandeln oder ihre Augenfarbe. So ein – wie ist da der Fachausdruck, Bullshit, – hat es inzwischen sogar schon in ein Gutachten einer echten Psychiaterin bei einem echten Sorgerechtsstreit vor ein echtes deutsches Gericht geschafft.“

Damit ist Böhmermann auch schon bei der Problematik von Hubers Thesen angekommen, die in ihrer Wirkung weit über die – mittlerweile übrigens von ihrer Webseite gelöschten – Beschreibungen von Satanismus hinausgeht:

Michaela Huber ist mit ihrem Glauben an eine satanistische Weltverschwörung (…) nicht alleine. Es gibt eine regelrechte Therapeut_innen-Szene, die Menschen einredet, dass sie Opfer von Teufelsanbetern geworden sind, dass sie rituelle, satanistische Gewalt erfahren haben. Und diese Therapeut_innen glauben das wahrscheinlich sogar selber. “

Dadurch kann es zu fatalen Suggestionen und Fehltherapien kommen, wie die Beispiele aus der Schweiz gezeigt haben, wenn sich Psychotherapeuten „in der Therapie auf die Suche begeben nach irgendwelchen seltsamen Teufelsgeschichten“.

Die Satire-Sendung hinterlässt neben einigen guten Lachern einen sehr nachdenklichen Beigeschmack – aber dazu auch die Hoffnung, dass satanistisch-rituelle Gewalt nun in den Köpfen der ZDF-Seher als das ankommt, was sie ist: eine brandgefährliche Verschwörungstheorie, die hierzulande immer noch von Psychotherapeuten und offiziellen Stellen vorangetrieben wird.

An dieser Stelle schickt Böhmermann zum Abschluss einen „lieben Gruß“ an die „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs des Bundes“ – ein Gruß, dem wir uns gerne anschließen.

Zum Weiterlesen:

Eigene Artikel von uns, die die Sendung inhaltlich bestätigen:

2 Kommentare

  1. Das BMFSFJ hat sich nicht von Satanic Panic verabschiedet, sie firmiert – wie allseits bekannt – nur seit längerem unter “rituelle Gewalt”, wie dieser Suchlink erhellt: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/72628!search?query=rituell+gewalt#search72628
    Zudem hatte Böhmermann das Ministerium nur zu MindControll abgefragt, nicht aber zu satanischer ritueller Gewalt, somit konnte es sich frei von Verschwörungstheorien darstellen.
    Beim Bericht der Enquete-Kommission “Sogenannte Sekten und Psychogruppen” des Bundestages von 1998 findet sich unter Kapitel 3.4 Okkultismus/Satanismus eine Skizze satanistischer Umtriebe (S.43). Die beiden Betroffenen, die da aussagten, waren Opfer ihrer Therapeuten. Beide konnten sich Jahre später aus dieser psychischen Gewalt lösen. Die eine will inzwischen mit dem Erlittenem nichts mehr zu tun haben, die andere klagte vergeblich wegen psychotherapeutischer Misshandlung vor Gericht.
    https://dserver.bundestag.de/btd/13/109/1310950.pdf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert