Totalversagen von Justiz und Jugendamt

Autoren: Nora Sillan und Marvel Stella

Die Hölle – im wahrsten Sinne des Wortes – , durch welche die von suggestiver Fehltherapie betroffene Malin Weber gehen musste (und im Zuge des anhängigen Beschwerdeverfahrens weiterhin muss), schockiert und lässt beinahe sprachlos zurück. Bereits die Aufdeckungen aus der Schweiz, wo Robin Rehmann u.a. über die ebenfalls von einer Falschtherapie betroffene Leonie berichtete, ließen erahnen, welche Dimensionen es annehmen kann, wenn verschwörungsgläubige Therapeuten vulnerablen Klient_innen Horrorgeschichten als vermeintlich sinnstiftendes Konstrukt einreden – und zwar solange, bis diese schlussendlich das wiederholen, was das Gegenüber hören will.

In einem Gespräch mit dem GWUP-Blog, aufgezeichnet von Bernd Harder, erzählt der Lebensgefährte der Betroffenen den Gang der Ereignisse. Diese zeigen, dass in diesem Fall sämtliche Institutionen, die dazu gedacht sind, Menschen zu schützen, versagt haben: angefangen von der privaten Fachklinik für psychosomatische Medizin, wo erstmals die Verdachtsdiagnose von DIS aufgrund ritueller Gewalt geäußert wurde, bis hin zu Therapeutin Jutta Stegemann, die das satanistische Verschwörungsnarrativ derart einzementierte, dass sowohl Jugendamt als auch Gericht diese vermeintliche „Expertise“ unhinterfragt übernahmen.

Eine simple Plausibilitätsprüfung mit gesundem Menschenverstand hätte genügt, um z.B. die These von der sich ändernden Augenfarbe bei Switches im Rahmen der DIS ins Reich der Ammenmärchen (bzw. in den Dunstkreis gewisser unwissenschaftlicher Pseudo-Fachbücher eines immergleichen Therapeutenkreises) zu verweisen.

Doch dies ist nicht geschehen. Im Gegenteil.

Anmerkung Marvel:
Ich befürchte, diese Mysterien und Ammenmärchen werden uns – als Gesellschaft und Betroffene – noch Jahrzehnte verfolgen. All diese Pseudowissenschaften haben es – dank der UBSKM – bis in die Kreise seriöser Fachliteratur hineingeschafft. Siehe dazu unsere Abhandlungen: Komplexe Traumafolgestörungen von Martin Sack | Ulrich Sachsse | Julia Schellong – Neuauflage Juli 2022.

Trotz einer gynäkologischen Bescheinigung, das Weber eine Erstgeburt attestierte, wurde dieses von der Richterin des Sorgerechtsfalls nicht berücksichtigt. Stattdessen fanden Stegemanns wilde Behauptungen von angeblich bereits früher geborenen und „vom satanistischen Kult“ geopferten Kindern vor Gericht Gehör.

An dieser Stelle die Frage: Wie kann es sein, dass Bundesbedienstete das Wort einer unwissenschaftlich agierenden Therapeutin über eine fachärztliche, medizinisch überprüfbare Bescheinigung stellen und damit dermaßen ihre Sorgfaltspflicht außer Acht lassen, einen vorgeburtlichen Sorgerechtsentzug als sehr harten Eingriff in das Leben von Menschen genauestens zu prüfen? Die psychologischen Gutachten und auch die Akten des Jugendamtes lesen sich wie die Handlungen eines Gruselfilms, wie es Malin Webers Lebensgefährte beschreibt.

Anmerkung Marvel:
Das erinnert mich an ein Forum-Gespräch, in dem es genau um dieses Thema im Kontext der Verschwörungstheorie ging:


Macht korrumpiert, wenn man sie so derart allumfassend in die Hände eines bestimmten Dunstkreises – in diesem Fall Traumatherapeuten – legt. Nirgendwo ist man beeinflussbarer als in einer Traumatherapie. Gnade dem, die Therapeuten sind nicht gefestigt oder haben sogar eigene psychische und psychosoziale Päckchen zu tragen.
Man hat Therapeuten und später – sogar mit Hilfe der UBSKM – Verschwörungsanhängern die Macht gegeben, den Daumen nach oben oder nach unten zu richten. Entstanden ist ein Schaden, dessen Ausmaß wir noch lange nicht überblicken können.

Doch ich denke, noch abscheulicher als in diesem hier beschriebenen Fall geht es nicht mehr: Was hier passierte, ist viel schwerer zu verarbeiten, als wenn man von einem Gewalttäter misshandelt wird. Kann man sich bei einem Gewalttäter noch vor Augen führen, dass es ein kranker, psychopathischer und/oder brutaler Sadist war, so muss die Betroffene in diesem hier beschriebenen Fall der Tatsache in die Augen schauen, dass es das Rechtssystem war/ist, das unvorstellbare Grausamkeit walten ließ.

Das Beschwerdeverfahren gegen das Urteil läuft seit Mitte 2021, doch erst Ende 2022 wurde eine neue Gutachterin bestellt, die ihre Arbeit bis Mai dieses Jahres abgeschlossen haben soll. Doch einen ersten Verhandlungstermin gibt es noch nicht – und damit auch noch kein Ende des juristisch absolut unhaltbaren und menschlich grausamen Sorgerechtsentzugs. Bis dahin wird Malin Weber ihre kleine Tochter, die bei einer Pflegefamilie lebt, weiterhin nur unter Aufsicht sehen dürfen. Dass ein kleines Kind wegen eines Fehlurteils seine ersten Lebensjahre ohne seine leibliche Mutter aufwachsen muss, lässt sich nicht ungeschehen machen: „Der Schaden, der bei Malin und ihrer Tochter angerichtet worden ist, lässt sich nicht wieder gutmachen“, beschreibt es ihr Lebensgefährte.

Dieser Fall ist nicht nur die Chronik eines Totalversagens von Hilfeeinrichtungen, Jugendamt, Gutachten und Justiz. Sondern auch eine unfassbare menschliche Tragödie.

Die Satanic Panic-Verschwörung hat weitere Opfer gefordert.

Anmerkung Marvel:
Ausgerechnet die ersten Lebensjahre, wo das Urvertrauen und die Bindung zwischen Mutter und Kind für das ganze Leben hergestellt werden, hat man dieser Betroffenen und ihrem kleinen Kind genommen! Und ein Ende ist noch nicht in Sicht.
Obendrein muss sich die Betroffene mit Schein-Realitäten auseinandersetzen, die ihr massiv suggeriert wurden und sie in Folge schwer traumatisierten.

Das ist nämlich das Fatale daran:
Es hört sich so lapidar an, wenn man sagt: „Ihr wurde etwas suggeriert…“

Ein Mensch ist, gerade wenn er sehr suggestibel ist (was bei Traumaopfern sehr häufig vorkommt), in der Lage, eine komplette Realität einzig nur mit Gedanken und in Folge auch Gefühle aufzubauen. Eine Realität, mit der die Biochemie und das neuronale System im Gehirn geformt werden. Siehe dazu auch die Entstehung der Dissoziativen Identitätsstörung. Aus genau dem Grund ist es auch möglich, diese Störung in der Therapie zu erzeugen, wenn gewisse Anlagen dafür vorliegen.

Das bedeutet:
Wenn ein Mensch ein brutales Trauma suggeriert bekommt, in dem man missbraucht wurde und sogar getötet haben soll, dann beginnt der Betroffene irgendwann, dieses Trauma zu durchleben! Je mehr er dieses Trauma durchlebt, desto schwerer wird es, das „Erlebte“ – was er eigentlich niemals erlebt hat – aufzuarbeiten.

Die GWUP hat die absolut richtige Überschrift für das Geschehen eingefügt: Es ist ein „Nicht wiedergutzumachender Schaden“.
Hier reicht ein schlichtes „Sorry“ nicht mehr aus.

Unser Bericht entstand auf Grund des GWUP-Artikels:

Nicht wiedergutzumachender Schaden: Unser Gespräch mit dem Opfer einer „Satanic Panic“-Fehlbehandlung aus der aktuellen Spiegel-Story

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag, der mir so aus der Seele spricht.

    Kleine Anmerkung von meiner Seite, es war keine ärztliche Bescheinigung die durch das Gericht beauftragt wurde, sondern im Rahmen der Routineuntersuchung ausgestellt wurde.

    Herzliche Grüße
    Sebastian

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