ISSTD – Tarnung und Täuschung

Ich gehe im Folgenden unter anderem auf einen Artikel ein, der von Doug Mesner (Lucien Greaves) 2015 geschrieben wurde. Vorweg ein paar Zeilen darüber, wer Doug Mesner ist:

Doug Mesner ist ein US-amerikanischer Sozialaktivist, Journalist und Mitbegründer des nicht-theistischen „Satanic Temple“. Unter dem Namen Lucien Greaves tritt er öffentlich auf. Er hat Kognitionswissenschaften in Harvard mit Schwerpunkt auf dem False-Memory-Syndrom studiert und zahlreiche Artikel über therapeutischen Missbrauch, rituelle Gewalt und die Rolle der ISSTD veröffentlicht.

Wichtig: Dieser Artikel wird nicht als Fließtext, sondern als eine Faktenaufzählung (mit Quellenangaben) eingestellt. Das bedeutet, dass er oberflächlich betrachtet fragmentiert wirkt, wenn man diese Information nicht berücksichtigt.

Die ISSTD – Geschichte und Einfluss

Die „International Society for the Study of Trauma and Dissociation“ (ISSTD) entstand aus dem Kontext der Satanic Panic der 1980er Jahre. Sie war (und ist) eine zentrale Plattform für Vertreter pseudowissenschaftlicher Traumamodelle und gilt laut Wikipedia als eine der treibenden Kräfte der moralischen Panik um rituellen Missbrauch.

Zitate:

  • Colin Ross (1994): „Ich bin bei meiner Arbeit mit multipler Persönlichkeitsstörung vielen Dämonen, Teufeln, bösen Charakteren, Vertretern Satans und Satan selbst begegnet.“ — Colin Ross, MD, 1994 Ehemaliger Präsident der International Society for the Study of Trauma and Dissociation (ISSTD)
  • Richard Kluft (2014): „Die Frage der generationsübergreifenden satanischen Kulte bereitet mir weiterhin Sorgen.“ — Richard Kluft, MD, 2014 ehemaliger Präsident, ISSTD

Heterosuggestion durch Begriffsverschiebung

Su Baker, eine lizenzierte Beraterin und Psychotherapeutin aus Montreal, langjähriges ISSTD-Mitglied und Konferenzsprecherin:

Die Begriffsverschiebung dient dazu, Kritik zu umgehen und Anfänger:innen schrittweise in die DIS-Denkweise einzuführen. Die DIS wird als „neu“ vermarktet, obwohl sie eine Umbenennung der wissenschaftlich diskreditierten MPD (Multiple Personality Disorder) ist.

Dieser Absatz ist hochbrisant, weil er indirekt das Folgende aussagt:
„Wir wissen, dass unser Konzept (DIS/MPD) nicht haltbar ist – aber wir behalten es trotzdem bei und umgehen die Kritik, indem wir es anders nennen und schrittweise einführen.“

Das Umbenennen scheint eine jahrzehntelange Strategie in der Traumatherapeuten-Szene zu sein. Ich berichtete bereits im Februar 2023 darüber: Codierte Geheimsprache

Retrospektive Bestätigung als Methode

Die ISSTD verwendet retrospektive Umfragen unter Therapeuten, um die Häufigkeit von DIS zu „belegen“. Dabei werden:

  • eigene Überzeugungen als empirische Daten dargestellt,
  • Studien so formuliert, dass sie bestätigen, was man beweisen will.

Beispieltabelle:

Aussage der ISSTDRealität dahinter
„Viele diagnostizierte Fälle“Viele Therapeuten, die daran glauben
„Hohe Prävalenz“Fragen so formuliert, dass die Antworten reinpassen

Kreative Abrechnung: Der Trick mit den Codes

Sebern Fisher (ISSTD-Konferenz):

Ein Aufruf zur systematischen Verschleierung von Behandlungsformen, die nicht evidenzbasiert und nicht erstattungsfähig sind.

Colin Ross – Symbolfigur eines Systems

  • Entwickelte das DDIS (Dissociative Disorders Interview Schedule), um der DIS-Diagnose den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu geben.
  • War in Kanada in mehrere Skandale verwickelt:
    • Roma Hart: Patientin, die nach suggestiver Therapie an Alien-Schwangerschaft und satanischen Kult glaubte. (Interview, in dem sie darüber berichtet)
    • Martha Tyo: ähnliche Vorwürfe, das Krankenhaus zahlte einen Vergleich.
  • Öffentlich blamierte sich Ross 2008 mit der Behauptung, er könne „paranormale Augenstrahlen“ im EEG nachweisen (es waren Muskelartefakte durch Blinzeln).

Von Bedeutung: Bei Frank W. Putnam, M. D., möchte ich näher ins Detail gehen, da er für mich bis zum heutigen Zeitpunkt eine ziemlich verlässliche (und glaubwürdige) Person war und ich nun feststellen muss, dass ich auch bei ihm einer Täuschung ausgesetzt war.

Wer ist Frank W. Putnam?

Frank W. Putnam ist ein US-amerikanischer Psychiater und Forscher, der vor allem durch seine Arbeiten über die Dissoziative Identitätsstörung (DIS), Kindheitstraumata und die Neurobiologie dissoziativer Störungen bekannt wurde.

Putnam hat sich im Laufe seiner Karriere auf die neurobiologischen Auswirkungen früherer Traumata spezialisiert. Besonders hervorzuheben ist seine Rolle als einer der ersten, der neurobiologische Modelle zur Erklärung dissoziativer Phänomene mitentwickelte – etwa durch die Einbindung von Stressforschung, Cortisol-Leveln und Gehirnentwicklung bei traumatisierten Kindern.

Seine Schriften wurden ins Deutsche übersetzt und haben in zahlreichen Fachzeitschriften, Fortbildungen und Seminaren Eingang gefunden. Dies hat dazu beigetragen, dass seine Theorien und Modelle in der deutschsprachigen Traumatherapie einen festen Platz eingenommen haben.

Es gibt allerdings auch einige Kritikpunkte:

Putnam war Mitbegründer und Präsident der ISSTD (International Society for the Study of Trauma and Dissociation), die stark mit der Satanic Panic und umstrittenen DIS-Diagnosen der 80er/90er verknüpft ist. Er war Teil des Netzwerks rund um Bennett Braun und Colin A. Ross, die später stark für Suggestivtherapien und False Memories kritisiert wurden.

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Heute bin ich bei meinen Recherchen darauf gestoßen, dass Putnam mit Gigi Jordan zusammengearbeitet hat (als Gutachter im Mordprozess an ihrem autistischen Sohn), was ethisch und fachlich stark hinterfragt wurde, da in dem Fall Verschwörungsglauben (z.B. satanischer Missbrauch) eine Rolle spielte.

Kernaussagen im PDF-Artikel:

  • Er (Putnam) stützt vollständig die Behauptung von Gigi Jordan, dass ihr Sohn Jude jahrelang sadistisch missbraucht wurde.
  • Er nennt diese Misshandlungen „systematische Folter“ und vergleicht sie mit Fällen schwerster Kindesmisshandlung.
  • Er interpretiert Jude Mirras Symptome als Ausdruck einer sich entwickelnden Dissociative Identity Disorder (DID).
  • Er zieht als Beleg sogar Chatverläufe (Textnachrichten des Jungen) heran, in denen angeblich Täter benannt und Details geschildert werden.
  • Er vermutet, dass medizinische Auffälligkeiten (z. B. Nagelinfektionen, Sprachverlust, Zahnabszesse) Folgen von Missbrauch seien, obwohl keine objektiven Befunde dies bestätigen.

Das Dokument zeigt sehr deutlich, wie stark Putnam bereit war, subjektive Berichte und Therapieprotokolle als „Beweise“ für rituell anmutende, sadistische Misshandlungen zu interpretieren – ohne forensisch überprüfbare Belege. Seine Argumentation folgt dabei exakt dem Muster, das auch bei Colin Ross und anderen ISSTD‑Mitgliedern zu finden ist: suggestive Interpretation, Verknüpfung diffuser Symptome mit schwerem Missbrauch, extensive Nutzung der Diagnosen DID und PTBS, häufig gestützt auf Berichte von Therapeuten, nicht auf objektiv überprüfbare Beweise.

Ausführliche Berichterstattung: Hier

Und nun kommt erneut Doug Mesner ins Spiel:

Mesner schrieb Putnam einen offenen Brief, in dem er scharf kritisierte, dass Putnam scheinbar bereit war, wahnhaftes „Facilitated Communication“ als echte Kommunikation zu interpretieren.

Übersetzung:

Lieber Frank –
Ich schreibe gerade einen Artikel für Vice.com über den Fall Gigi Jordan. Tatsächlich ist er schon geschrieben, aber der Redakteur wollte, dass ich dich kontaktiere, um dir die Gelegenheit zu geben, einen Kommentar abzugeben.
Meiner Meinung nach hätte Ms. Jordan ihr Kind vielleicht nicht getötet, wenn sie kompetentere professionelle Hilfe gefunden hätte. Ich bin sicher, du weißt, dass sie Ellen Lacter konsultiert hat – und diese Beratung konnte ja kaum dazu beigetragen haben, ihre Wahnvorstellungen über eine allgegenwärtige satanische Verschwörung, die sie und ihren Sohn unterdrückt, zu beruhigen. Wenn du dazu etwas sagen möchtest – nur zu…
Was dich konkret betrifft: Du hast ausdrücklich behauptet, dass das Kind selbst über die Tastatur kommuniziert habe. Andere Aussagen widersprechen dem – sie sagen aus, dass Ms. Jordan selbst die Hand des Kindes geführt habe, manchmal sogar, während er gar nicht hinsah. Hast du das Tippen des Kindes selbst beobachtet, Frank? Hast du heute irgendwelche Beweise dafür, dass dieses Kind – so unwahrscheinlich das auch klingt – tatsächlich Sätze auf dem Niveau getippt hat, wie es seine Mutter behauptete? Würdest du zustimmen, Frank, dass Ms. Jordans Wahrnehmung, ihr Sohn sei von einer satanischen Verschwörung missbraucht worden, möglicherweise ein Motiv war, ihn zu töten?
Wäre es daher nicht zutreffend zu sagen, dass ein medizinischer Fachmann, der es versäumt hat, Ms. Jordan klarzumachen, dass ihre „Kommunikation“ mit ihrem Sohn nicht real war (und ihr somit ermöglichte, eine Wahnvorstellung über satanischen Missbrauch zu entwickeln), mitschuldig (durch Inkompetenz) an dem Mord ist?
Um ganz deutlich zu sein: Ich bin der Meinung, dass professionelle Inkompetenz dazu beigetragen hat, dass dieses Kind getötet wurde – und ich habe vor, genau das öffentlich zu machen.
Antwortest du, Frank, oder nicht? Wenn du antwortest, bin ich verpflichtet, es zu verwenden. Wenn du nicht antwortest, schreibe ich gerne, dass du nicht geantwortet hast.
Mit freundlichen Grüßen,
Douglas Mesner

Ich mag Douglas Mesner, denn er ist messerscharf, sarkastisch, und dabei voll ins Herz des Problems zielend. Das aber nur am Rande!

Abschluss:

Die ISSTD kann nicht als seriöse Fachgesellschaft betrachtet werden; sie ist ein Netzwerk, das auf pseudowissenschaftliche Methoden zurückgreift, um Narrative zu verstärken, die tatsächlichen Schaden verursachen. Jeder, der auf dieser Basis therapeutisch tätig ist, ist mitverantwortlich für die Auswirkungen seiner Arbeit. Die Frage lautet: Wie lange kann ein solcher Zustand noch bestehen bleiben, ohne dass Fachverbände, Medien und Politik endlich hinschauen? Es könnte an der Zeit sein, die Illusion von der „Traumafachwelt“ zu beenden und stattdessen das Thema echte Verantwortung aufzugreifen.

Quellen:

Zum Weiterlesen:

P.P.S.: Ich werde in einem der kommenden Beiträge die Recherchen und Veröffentlichungen von Douglas Mesner näher beleuchten. Als einer der schärfsten Kritiker der Satanic Panic hat er eine zentrale Rolle bei der Aufklärung über gefährliche Narrative innerhalb von Therapie, Justiz und Medien gespielt. Seine Analysen könnten dabei helfen, das volle Ausmaß der ideologischen Verflechtungen hinter der ISSTD noch besser zu verstehen.

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