Autorin: Nora
Wie geht es jetzt weiter nach der Aufdeckung der Satanic Panic Skandale in der Schweiz? Worin bestehen die Konsequenzen? In der Clienia Littenheid wurde soeben ein neuer ärztlicher Direktor bestellt, nachdem gegen seine Vorgängerin, die ehemalige ärztliche Direktorin, ein Strafverfahren seitens des Kantons eingeleitet worden war. Personelle Konsequenzen sind natürlich unerlässlich – ist es allerdings damit getan, ein paar leitende Positionen neu zu besetzen? Nein. Keinesfalls. Das kann nicht alles sein in der Aufarbeitung der Geschehnisse, in denen Patienten nachweislich zu Schaden kamen: rasch ein paar ärztlich-therapeutische Stellen neu auszuschreiben – um nicht zu sagen ein paar Köpfe rollen zu lassen.
Ein großflächiges Umdenken und echte Aufarbeitung seitens der Psychotherapeuten, die bislang nach dem Konzept „rituelle Gewalt plus Mind Control ergibt internationale (satanistische) Kultgruppen“ gearbeitet haben, sind dringend notwendig.
Störungsfreier Rahmen für die Weiterführung gesucht
In Deutschland wurde vor wenigen Tagen der zweitägige, groß angekündigte Fachtag des THZM (Traumahilfezentrum München) über Rituelle Gewalt abgesagt, wir haben darüber informiert. Die offizielle Begründung? Die Medienberichte enthielten „fachliche Verzerrungen“ und stellten „zum Teil falsche (ideologische) Zusammenhänge“ her, schreibt das THZM in einer Stellungnahme. Einen „direkten Bezug“ hätten diese Berichte zur Veranstaltung jedoch nicht.
Wirklich nicht?
Natürlich ging es in den Enthüllungen um die Situation in der Schweiz, aber das kritisierte Narrativ von Mind Control hatte sehr wohl einen großen Bezug zum Fachtag, so ging es sogar im Titel eines Workshops (der übrigens dermaßen begehrt war, dass er bereits Monate vor Veranstaltungstermin ausgebucht war) um den „Umgang mit Suizidprogrammen im Ausstieg“.
Könnte die Stellungnahme also mutmaßlich eine Umschreibung für „Satanisten als Täter – davon distanzieren wir uns mal schnell“ sein, um dann, wenn (sprich: falls) Gras über die Sache gewachsen ist, einen nächsten Fachtag zu veranstalten, wo weiterhin das Narrativ von Mind Control verfestigt wird?
Eine Ankündigung scheint es ja schon zu geben: Der Fachtag werde verschoben, „bis wir einen sicheren und störungsfreien Rahmen für die Veranstaltung und für die Weiterführung des fachlich und politisch differenzierten Trialogs zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachleuten herstellen können“, so heißt es eine Zeile darunter.
„Störungsfreier Rahmen“ für die Weiterführung? Der Duden definiert eine Störung als „unerwünschte Beeinträchtigung“ einer Sache oder Handlung. Was war bitteschön die „Störung“ hierbei? Dass Robin Rehmann und Ilona Stämpfli vom SRF in akribischer Kleinarbeit und jahrelanger Recherche aufgedeckt hat, welche Verschwörungstheorien auf diesem Gebiet grassieren? Oder dass Gutachten zu den Kliniken Münsingen und Littenheid erstellt worden sind, welche die Fehltherapien belegen? Oder dass sich die GWUP seit vielen Jahren gegen diese Verschwörungstheorie positioniert? Und dass all diese Arbeiten jetzt – endlich – nicht nur ein großflächigeres Medienecho bekommen haben, sondern auch durch Expertengutachten untermauert wurden?
Ob das Narrativ des rituellen (satanistischen) Missbrauchs nur „gestört“ oder wirklich ein für allemal zerstört worden ist, werden die nächsten Monate zeigen.